Harald Falckenberg
1943–2023
Wir trauern um Harald Falckenberg, der am 6. November 2023 in Hamburg im Alter von 80 Jahren verstarb. Mit Harald Falckenberg hat uns ein großer Impulsgeber der zeitgenössischen Kunst verlassen, der als Förderer, Sammler und Kurator, Verleger und Autor, Lehrender und gesuchter Ratgeber die zeitgenössische Kunstwelt weit über die Hamburger Grenzen hinaus entscheidend prägte. Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt seiner Familie.
»Wir haben einen großen und großzügigen Freund der Kunst verloren, dessen Schaffen in der Kunstwelt mit seiner Losung 'Ziviler Ungehorsam' uns im Gedächtnis bleiben wird. Harald Falckenberg lebte und stritt intensiv, liebte die Diskussion und den Diskurs und suchte stets eine geistige Herausforderung. Er sammelte oft widerspenstige Kunst, die unsere Vorstellungen von ihr schärfte und tiefen Einfluss auf den internationalen Kunstdiskurs nahm. Seine Großzügigkeit und leidenschaftliche Begeisterung waren mitreißend, und er war eine prägende Figur für das Kulturleben in Hamburg und darüber hinaus. Sein Erbe wird in der Kunstwelt unvergessen bleiben. Seiner intensiven Kunstleidenschaft ist es zu verdanken, dass seine Sammlung heute zu einer der bedeutendsten privaten Kollektionen internationalen Ranges gezählt werden kann«, so Dirk Luckow, Intendant der Deichtorhallen Hamburg.
»Harald Falckenberg war uns als langjähriges Aufsichtsratsmitglied immer ein hoch geschätzter Berater und leidenschaftlicher Verfechter der Kunst - seine Stimme hatte in Hamburg und weit darüber hinaus Gewicht. Wir sind sehr stolz, diese außerordentliche Sammlung zu betreuen, Ausstellungen aus ihr zu konzipieren und ein umfangreiches Rahmenprogramm daraus zu entwickeln und so das Lebenswerk Harald Falckenbergs lebendig zu halten«, ergänzt Bert Antonius Kaufmann, Kaufmännischer Direktor der Deichtorhallen Hamburg.
Harald Falckenberg übergab seine mehr als 2.400 Werke von 500 Künstler*innen umfassende Sammlung inklusive des Ausstellungshauses im Phoenix-Areal in Hamburg-Harburg 2011 den Hamburger Deichtorhallen als Dauerleihgabe. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Kunst der Counter Culture, die nach dem Zweiten Weltkrieg als Aufstand gegen die Eliten und das Kunstestablishment insbesondere in den USA und Deutschland entstanden ist. Die Sammlung ist international mehrfach ausgezeichnet und von dem einflussreichen New Yorker Magazin ARTnews unter die besten 200 Sammlungen der Welt gewählt worden. 2016 wurde Harald Falckenberg zudem von ArtNet auf Platz 27 der „World´s Top 100 Collectors“ gewählt. Die Sammlung setzt Akzente auf Querdenker*innen und Außenseiter*innen des Kunstbetriebs, die mit subversiven, oft ironischen bis hin zu sarkastisch-zynischen Betrachtungsweisen die traditionellen Vorstellungen einer Repräsentationskunst des Guten, Wahren und Schönen unterlaufen.
Aktuell wird in der Sammlung Falckenberg die Ausstellung ANTI-FASHION der US-amerikanischen Künstlerin Cindy Sherman bis zum 3. März 2023 präsentiert. Ergänzt wird sie von fotografischen und künstlerischen Positionen aus dem Bestand der Sammlung Falckenberg – darunter Werke von John Baldessari, Karla Black, Monica Bonvicini, Richard Prince und Robert Longo. Die Sammlung ist jeden Samstag und Sonntag von 12 bis 18 Uhr kostenlos zu besuchen.
Zur Kooperation mit den Deichtorhallen Hamburg
Nach Jahren freundschaftlicher Verbundenheit zwischen den Deichtorhallen und Harald Falckenberg wurde im Oktober 2010 ein Kooperationsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und Harald Falckenberg geschlossen. Seitdem steht die Sammlung Falckenberg einschließlich der Ausstellungsräume in Harburg den Deichtorhallen als Dauerleihgabe zur Verfügung. Die Deichtorhallen übernahmen unter der Leitung des Intendanten Dirk Luckow die kuratorische und organisatorische Betreuung der Sammlung und betreiben die Phoenix-Halle mit einer Fläche von 6.000 m² als zusätzliche Ausstellungsräume in Harburg.
Schwerpunkte der Sammlung Falckenberg
Ein früher Sammlungsschwerpunkt bilden Arbeiten der späten 70er und 80er Jahre mit Künstler*innen wie Werner Büttner, Martin Kippenberger, Jürgen Klauke, Astrid Klein, Albert Oehlen und Franz West, denen Werke US-amerikanischer Künstler derselben Generation wie Vito Acconci, John Baldessari, Paul McCarthy und Richard Prince gegenübergestellt sind. In einem Schritt zurück wurden diese Positionen durch Arbeiten der vorangegangenen Generation progressiver internationaler Künstler und Künstlerinnen wie Hanne Darboven, Öyvind Fahlström, Dieter Roth und Paul Thek ergänzt. Erst in einem dritten Sammlungsabschnitt ist der Bezug zu den jüngeren Positionen der Gegenwartskunst aufgenommen worden.
Daten zur Person Harald Falckenberg und seiner Sammlung
Jurist, 1992 bis 2004 ehrenamtlicher Richter am Hamburger Verfassungsgericht. Promoviert im internationalen Privatrecht. Von 1979 bis 2015 Geschäftsführer eines Hamburger Familienunternehmens.
Seit 1997 Vorstandsmitglied des Hamburger Kunstvereins und von 1999 bis 2017 Vorsitzender des Vereins.
Seit 1994 Aufbau der Sammlung mit öffentlichen Ausstellungen seit 1996 im „Pump Haus“ am Flughafen und seit 2001 in den Harburger Räumen der Phoenix AG. Nach Übernahme von Phoenix durch Continental 2007 Ankauf der heutigen Ausstellungshallen mit einer Fläche von ca. 6200 qm durch Falckenberg. Die Sammlung umfasst heute ca. 2400 Arbeiten der zeitgenössischen Kunst. Nach längeren Verhandlungen Abschluss eines Leihvertrags über die Ausstellungshallen und die Sammlung mit der Hansestadt und den Deichtorhallen Hamburg mit Wirkung ab 1. Januar 2011. Der Vertrag ist am 20. Juli 2022 mit einer Laufzeit bis Ende 2032 verlängert worden.
2008 ist Falckenberg zum ehrenamtlichen Professor der HFBK ernannt worden.