Hosoe Eikoh, Ordeal by Roses, 1961 © Hosoe Eikoh

Lena Fritsch

In unserer Serie #photography2050 entwerfen Kurator*innen, Künstler*innen und Autor*innen ihre persönliche Zukunftsvision der Fotografie: Wir schreiben das Jahr 2050 – wie relevant wird das Medium Fotografie dann noch sein? Wie sieht das Foto der Zukunft aus? VON MAGNUS PÖLCHER

28. Januar 2019

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»Diese auf den ersten Blick seltsame Fotografie eines auf dem Boden liegenden Mannes wurde 1961 durch den japanischen Fotografen Hosoe Eikoh (geb. 1933) aufgenommen und gehört zu seiner bekannten Serie Ordeal by Roses (Barakei). Sie zeigt den avantgardistischen Schriftsteller, Schauspieler und politischen Aktivisten Mishima Yukio (1925–70) in seinem Haus und Garten in verschiedenen surreal anmutenden Kompositionen, die seinen nackten Körper fokussieren. Hosoe wird in Japan zur Image Generation gezählt und gehört zu einer Gruppe von Fotografen, die sich in den frühen 1960er Jahren bewusst vom realistischen straight photography-Konzept distanzierten, um stattdessen eine subjektive und oftmals expressive, symbolische Bildsprache zu wählen. Hosoe beeinflusste die nachfolgenden Generationen japanischer Fotografen sehr – Moriyama Daido, heute selbst ein Starfotograf, assistierte ihm zu Beginn seiner Karriere.


Die Gründe, weshalb ich Hosoes Serie Barakei noch heute als zukunftsweisend ansehe, sind nicht nur die Ausdrucksstärke der Fotografien und Hosoes zeitlos-surreale Bildkompositionen, sondern vor allem das gleichberechtigte Verhältnis zwischen dem Fotografen und seinem Bildobjekt, das sich in ihnen widerspiegelt. Hosoes fotografische Serien sind Kunstwerke, die aus einer gemeinschaftlichen Arbeit heraus entstehen – aus einem ständigen Geben und Nehmen zwischen dem Fotografen und seinem Modell, sei dies ein berühmter Schriftsteller, ein experimenteller butoh-Tänzer oder ein unbekanntes Fotomodel. Als ich Hosoe fragte, was er am Medium der Fotografie am liebsten mag, sagte er: »Für mich ist das interessanteste und attraktivste an der Fotografie die Freude der Menschen, die fotografiert werden. Ich mochte schon immer die Beziehung zu Menschen«. Für die Fotografie der Zukunft, egal ob schwarz-weiß oder in Farbe, ob analog oder digital, ist solch ein Umgang mit dem Bildobjekt wünschenswert.«

Lena Fritsch ist Kuratorin für moderne und zeitgenössische Kunst am Ashmolean Museum (Universität Oxford) und Spezialistin für japanische Kunst und Fotografie. Die Kunsthistorikerin studierte an der Universität Bonn und Keio University, Tokio, und wurde 2011 mit einer Arbeit zur japanischen Fotografie der 1990er Jahre promoviert. Ihr neues Buch Ravens & Red Lipstick. Japanese Photography since 1945 ist bei Thames & Hudson erschienen.

»Hosoes fotografische Serien sind Kunstwerke, die aus einer gemeinschaftlichen Arbeit heraus entstehen – aus einem ständigen Geben und Nehmen zwischen dem Fotografen und seinem Modell.«

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