Kati Heck und Pierrot im Atelier der Künstlerin. © Kati Heck

»Humor kann eine gute Hilfe sein«

Die Gemälde von Kati Heck bestechen durch eine irrwitzige Mischung aus hyperrealistisch dargestellten Figuren und karikierenden Elementen. Ein Gespräch über Gegenwartsbezug, Bilderrahmen und warum es sie glücklich macht, Menschen zu malen. VON COSIMA GROSSER

29. Juli 2020

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HALLE4: Kati, deine Gemälde bewegen sich zwischen comic-artigen Formen und altmeisterlicher, malerisch-opulenter Ausführung. Orientierst du dich an bestimmten Epochen oder Maler*innen?
Kati Heck: Orientieren ist nicht das richtige Wort. Ich orientiere mich an mir selbst. Es kommt, wie es kommt und das kann in verschiedenen Stilen sein. Es ist ein Balanceakt – im Bild selbst, der Komposition und im Schaffensprozess an sich. Ein Porträt zu malen ist sehr intim und oft auch zeitintensiv. Da wird mit einem kleinen Pinsel lange auf der gleichen Stelle gerieben. Danach brauche ich größere Gesten und mehr Farbe und danach kann ich wieder zum Detail zurück. Es gefällt mir, dass manche Sachen unfertig bleiben, nicht völlig ausgesprochen sind. Das macht die Arbeit offen für Interpretation und Spiel.

Trotz der sehr klassischen, akademischen Ausführung der Bilder besitzen diese einen starken Gegenwartsbezug. Was sind deine Themen? Bist du beeinflusst von aktuellen, politischen Ereignissen?
Ich empfinde meine Arbeiten sicherlich als gegenwartsbezogen. Das liegt manchmal nicht auf der Hand, ist aber oft in den kleineren Details zu finden. Die Geschichte wiederholt sich ja ständig, daher kann ein klassisch anmutendes Bild hochaktuell sein. Alles kommt und geht, nur die Erscheinungsform ändert sich. Nur Familie und Freunde als Modell zu gebrauchen, ist in diesen Zeiten auch eine Art politisches Statement.

Kati Heck, Tafelrunde: Wässerung, 2019, 180 cm x 280 cm, Öl, Wachsmalstift, Kohle und Feder auf Leinwand, Künstlerrahmen mit Türklingel. Courtesy Tim Van Laere Gallery, Antwerpen

Bei deiner letzten Ausstellung »All My Friends Are Wild« in der Tim Van Laere Gallery in Antwerpen war ein Text von Donna Haraway der Ausgangspunkt.
Richtig. Darin ging es um die Möglichkeiten der Menschen, empathischer auf diesem Planeten, mit allem was sich auf ihm befindet, miteinander zu leben. So ein Text kann für mich eine Hilfe sein. Es ist mir nicht unbedingt wichtig, dass der Betrachter all das weiß oder durch meine Bilder irgendetwas versteht. Ich möchte keine Anleitung geben, wie man meine Arbeiten zu lesen hat. Jeder kann da auf seine Weise und mit seinen Möglichkeiten reintauchen. Manche bringen dann mehr mit als andere, aber meine Hoffnung ist, dass sich beim und nach dem Betrachten wenigstens irgendetwas rührt.

Viele Deiner Bilder enthalten humorvolle Elemente, die an Karikatur und Parodie denken lassen. Worum geht es dir bei diesen Zuspitzungen?
Das geht ja auch um eine Lebensanschauung. Der Humor kann dem Künstler eine gute Hilfe sein ­– wie auch jedem anderen Menschen übrigens. So etwas wie die Flöte des Rattenfängers. Manche Themen sind schwer, traurig oder konfrontierend. Wenn du da aber mit Humor herangehst, lässt es sich einfacher ertragen und anschauen.

Deine Arbeit ist Teil der Ausstellung QUADRO in den Deichtorhallen Hamburg, die mit Kerstin Brätsch, Stefanie Heinze und Laura Link noch drei weitere weibliche Positionen zeigt. Welche Rolle spielt für dich die Zuschreibung männlicher und weiblicher Kunst, vor allem im Medium Malerei, das stark vom Klischee des »männlichen Malergenies« dominiert wird.
Ich freue mich natürlich, dass drei weitere Frauen für die Ausstellung ausgesucht wurden und sich beteiligen. Aber es geht vor allem darum, gute Kunst zu zeigen, nicht um Mann oder Frau. Gender interessiert mich überhaupt nicht. Es sollte kein Thema sein müssen, ist es aber leider. Ich habe in meiner 20-jährigen Karriere keinerlei Erfahrung speziell als »Frau« gemacht, war immer nur Kati und Mensch und Künstlerin. Mich beeindrucken da kein spezielles Malergenie, Malerbaron oder Malermacho oder was weiß ich. Und trotzdem kann ich Baselitz Malereien lieben.

Kati Heck, Meisterengelchen: Pufff, 2019, 250 x 180 cm, Öl und Buntstift auf Leinwand,
Künstlerrahmen mit Holzskulptur, Courtesy Tim van Laere Gallery, Antwerpen

Dein persönliches Umfeld spielt eine wichtige Rolle in deiner künstlerischen Praxis. Du porträtierst ausschließlich deine Freund*innen, was deinen Arbeiten eine spürbare Intimität verleiht. Was ist es, dass dich am menschlichen Porträt so sehr reizt?
Es macht mich glücklich, Menschen zu malen. Aber es kann auch ein Porträt von einem Stück Butter oder von einem Pferd sein. Es ist nur wichtig, dass ich den Gegenstand gut kenne und um ihn herumspaziert bin. Dass er mich genug interessiert, um ihm Liebe durch meinen Pinsel zu schenken.

Wie erzeugst du die sehr starke plastische Ausführung der Figuren, vor allem der Gesichter? Hast du eine bestimme Technik des Farbauftrags?
Schwierig zu sagen, sowas entwickelt sich. Meine Leinwände sind grundsätzlich nur mit Hasenleim grundiert. Dadurch saugt die Leinwand sehr stark. Nur dadurch ist es möglich, dass ich meine Farbe in Lagen in die Leinwand quasi reinreibe.

Die beiden Arbeiten Vorbesprechung und Meisterengelchen: Pufff, die in der Ausstellung QUADRO zu sehen sind, sind mit selbst geschnitzten Bilderrahmen versehen. Welche Bedeutung hat der Rahmen für Deine Malereien?
Die Rahmen sind Teil der Malereien, also haben sie eine große Bedeutung für mich, sie machen einen Teil der Arbeit aus. Manchmal hat man die Chance, noch etwas hinzuzufügen, im Titel, am Rahmen, ein Cupholder. Das sind alles Werkzeuge, um sich besser verständlich zu machen.

Cosima Grosser ist Volontärin im Ausstellungsmanagement Halle für aktuelle Kunst der Deichtorhallen Hamburg. Sie hat Curatorial Studies an der Städelschule und Goethe Universität in Frankfurt am Main studiert und war als wissenschaftliche Hilfskraft in der Abteilung Gegenwartskunst am Städel Museum, Frankfurt am Main, tätig.


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